Interessanter Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung des Dorfes Seibersbach
Seibersbach. Wie vor einigen Tagen von uns berichtet wurde, hat der Minister des Innern von Rheinland-Pfalz dem Antrag der Gemeinde Seibersbach entsprochen und die Genehmigung zur Führung eines eigenen Wappens erteilt. Die Entwurfskizze zeigt im oberen Teil das Wappen der Wolf von Sponheim und im Schildfuß das Wappen der Grafen von Ingelheim. Der Gemeinderat ließ sich bei der Auswahl dieser Skizze von dem Gedanken leiten, dass beide Herrschaftsgeschlechter lange Zeit mit dem Schicksal der Gemeinde Seibersbach verbunden waren.
277 Jahre waren die Wolf von Sponheim die Herren von Seibersbach und Dörrebach. Sie bekamen im Jahre 1425 von Erzbischof Conrad dem Dritten von Mainz (1419 bis 1438) mit „diesen hernach geschrieben Dörfern mit Namen Dornbach (Dörrebach), Sifersbach (Seibersbach), Villebach (Füllenbacher Hof), Udenhausen (Autishof), Gerichten, Wasser .und Weyde, Felde, Weide Fogtie und Herrschaft.“ Als Oberstherren stand ihnen zu „zu setzen und zu entsetzen, zu mindern und mehren, einem jeglichen nach seinen Rechten“ Ihr Gebiet wird in einem Weißtum (das ist eine mittelalterliche Urkunde, worin gesetzliche Bestimmungen enthalten sind) von 1508 wie folgt umschrieben: „Es geht an, da die Dörrebach fließt in die Güldenbach, die Dörrebach hinauf mit an den großen Wald und dann an den großen Wald die Lochbäume hinaus bis an den Argentaler Wald und den Lochbäumen nach am Argentaler Wald bis zum Pfeiffer Kreuz und forter hinaus den Lochbäumen nach bis mit widder das Gebück, von dem Gebück nach bis in die Guldenbach, und
das Gebück scheidet unser Herrn Gericht und des Herzogen Wald, darnach die
Guldenbach hinab bis in die Dorrenbach wie die. zwei Bäche die Guldenbach und die Dorrenbach zu haut fließen.“
Nach den heutigen Verhältnissen ist
dies ungefähr das Gebiet, welches zwischen dem Guldenbach und ‚dem Dörrebach liegt und im Nord-Westen von der Grenze des Kreises Kreuznach und Simmern markiert wird. Es war also ein nicht geringes Besitztum in Dörrebach und Seibersbach, über das die Wolf von Sponheim als oberste Herren zu gebieten hatten.
Bis zum Jahre 1702 sind sie die Junker und oberste Gerichtsherren in den beiden Gemeinden gewesen. In die -Zeit der Wolf von Sponheim fällt auch die Erbauung der jetzigen Seibersbacher evangelischen Kirche, die bis 1900 Simultankirche war. Sie soll nach Ansicht der Kunsthistoriker um 1450 erbaut worden sein. Auf dieses hohe Alter deutet das Fischsymbol in den gotischen Chorfenstern hin. Aus dieser Zeit stammt jedoch nur noch das Chor, welches ursprünglich mit einem kleinen Längsschiff St. Anna-Kapelle“ geheißen hat. An die Herrschaft der Wolf von Sponheim erinnert noch heute im Chorgewölbe das Wappen mit dem doppelköpfigen Adler wie es auch im Entwurf des Amtsbürgermeisters Josef Decku, Bonn, im oberen Teil des neuen Gemeindewappens zu sehen ist.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts lasten auf den Besitzungen hohe Schulden. Hinzu kommen Verluste an Renten und Gefällen sowie Fahrlässigkeit der Diener. Auch war die Bewirtschaftung von Elisabeth Wolfin von Sponheim, verehelichte von Loeben, die in Dresden wohnte, von dort aus unmöglich. Durch die häufigen Kriegsunruhen waren die beiden Dörfer Dörrebach und Seibersbach dem „Totalruin“ unterworfen. Schließlich kamen noch Unannehmlichkeiten zwischen Frau von Loeben und ihrem Schwager, Freiherr Balthasar Wolf von Sponheim vor, so dass man sich darin einig war, die Besitzungen zu veräußern. Ein Heinrich Gebhard von Ende, Herr zu Taubenheim leitete für Frau von Loeben und ihre unmündigen Kinder den Verkauf.
Im Februar 1702 sind dann die beiden Dörfer in den Besitz des Freiherrn und nachmaligen Grafen Franz Adolf Dietrich von Ingelheim, Kammergerichtspräsident in Wetzlar, übergegangen. Der Kaufpreis betrug 63 000 Gulden. Somit war die fast dreihundertjährige Herrschaft der Wolf von Sponheim zu Ende gegangen.
Die Herrschaft der Grafen von Ingelheim währte nur 93 Jahre. Zunächst wurde von ihnen in Schweppenhausen ein Ingelheimer Amt errichtet, an das die Bewohner unserer Dörfer ihre Bitten und Beschwerden zu richten hatten. Auch in die Zeit der Ingelheimer Herrschaft fällt ein Werk, das heute noch ein Zeugnis des damaligen Fleißes und der Opferbereitschaft ablegt. Das alte, der St. Anna-Kapelle angebaute Schiff war wohl zu klein und auch erneuerungsbedürftig geworden, so daß man vorzog, ein neues Kirchenschiff zu bauen. Die Ingelheimer Herrschaft hat einen Zuschuß zu diesem Bau geleistet, der am „ordentlichen Kirchweihsonntag“ 1754 feierlich eingeweiht worden ist. 1762 hat der Reichsgraf von Ingelheim die Genehmigung zum Aufstellen einer Orgel erteilt, die allerdings aus eigenen Mitteln der Gemeindeglieder bezahlt werden musste. Sie ist am 8. November 1764 eingetroffen, wurde über Winter montiert und am 26. Mai 1765 eingeweiht. Noch heute, also nach fast zweihundert Jahren, ist diese Orgel im Gebrauch. 1899 hat sie die evangelische Kirchengemeinde Rümmelsheim übernommen, als die Gebrüder Oberlingen, Windesheim, eine neue Orgel für die Seibersbacher Kirche lieferten.
Die Herrschaft der Grafen von Ingelheim endete mit der französischen Revolution, deren Folge die Besatzung des linken Rheinufers war. Die neue Aufgliederung führte Seibersbach zu Stromborg, von wo es seit dieser Zeit verwaltungsmäßig betreut wird.
Text stammt Original so aus der AZ 19/12/63