Von „Syfersbach“ bis Seibersbach
-Ein Streifzug‘ durch die Vergangenheit
Alte Funde beweisen, daß in unserer Gegend schon sehr früh, spätestens in der
Steinzeit, Menschen siedelten. Ruinen und Mauerreste aus der Römerzeit zeugen
von einer wechselvollen Vergangenheit; sie standen mit einer Heerstraße in Verbin-
dung, auf der wohl .zuerst um die Zeitenwende Legionäre der Drusus von Bingen
über Stornberg-Dörrebach-Simmern nach >Trier zogen.
Woher der Name Seibersbach kommt und wann der Ort entstanden ist, kann kaum
mehr ergründet werden. In alten Akten und Urkunden erscheint der Name in vielen
Variationen, wohl als Folge der handschriftlichen Verschiedenheiten, die nicht sel-
ten zu Übertragungsfehlern führten. So Linden wir z.B. Syfersbach, Siffers-, Schif-
fers-, Silbers-, Sybus-, Syners-, Seiners-, Seiwers-, Seiffers-, Seuffers-, Seukers-, Seu-
bers-, Syfritz-, Siegfrieds- und noch einige andere „bach“ Daß der Orts-
name auf den Glaubensboten Suitbertus, der hier das christliche Evangelium ver-
kündet haben soll, zurückgeht, ist wohl nicht mehr als eine vage Vermutung; außer
einem „Sultbertusstein“ ist ein entsprechender Ortsname (Suitbertusbach, Suit-
bertsba“ ch? ) nirgends belegt.
Die ältesten bekannten Urkunden aus der Zeit um 1400 erwähnen Syfersbach und
die heute zu Seibersbach gehörenden Siedlungen Dudenhausen (Auteshof) und Vil-
bach (Füllenbacher Hof) als kurpfälzische Orte unter Pfalzgraf Ruprecht III. Seit
1420 gehören diese Orte bereits zu Kurmainz. Erzbischof Conrad III. gab sie zu-
nächst an Johann von Friesenheim („von Wachenheim“), 1425 an Glieder der Fami-
lie Wolf von Sponheim (wahrscheinlich ein Zweig der Grafen von Sponheim) zu Le-
hen. Die Wolf von Sponheim waren bis 1702 die Junker und Gerichtsherren in un-
serer Gemeinde. Sie residierten u.a. in Bacharach (Stahleck), Ingelheim, Böckelheim
und später auch in Dörrebach. Außer den Sponheimern hatte auch der Pfalzgraf bei
Rhein zu Simmern in unseren Dörfern Leibeigene, die „Pfalz-Simmerischen“. Nach
einer Urkunde aus dem Jahre 1516 waren damals die Orte Seibersbach und Dörre-
bach schon „bemerkenswert bevölkert“. Die Sponheimer wurden 1702 von -den
Grafen von Ingelheim als Lehensträger abgelöst, die in Schweppenhaüsen ein Graf-
schaftsamt errichteten, zu dem auch Seibersbach bis 1795 gehörte.
Es ist nicht bekannt, wann hier die Einwohner den christlichen Glauben annahmen;
es wird zur Zeit der.Rörnerherrschaft gewesen sein (um 400). Die alte Seibersbacher
Kirche, die heutige evangelische Pfarrkirche, geht auf die Zeit um 1450 zurück.
Das gotische Chor der ursprünglichen St. Anna-Kapelle ist noch erhalten. Das Schiff
wurde 1754 an Stelle eines vermutlich kleineren erbaut. Der Turm wurde erst 1902
angefügt. Seibersbach gehört seit alters her zur Filiale Dörrebach. Für die Katholiken
ist dies heute noch so. Der evangelische Pfarrer hat dagegen seit 1703 seinen Sitz in
Seibersbach.
Die Reformation (1517) mit all ihren Folgen beeinflußte in den folgenden Jahrhun-
derten das Leben in unseren Gemeinden wesentlich. Im Jahre 1556 wird bei uns das
lutherische Bekenntnis allgemein eingeführt worden sein, nachdem die Herren Wolf
von Sponheim dieses Bekenntnis angenommen hatten. Einige Jahre später dürfte
erstmals an Stelle des bisher katholischen ein evangelischer Pfarrer in Dörrebach sei-
nen Dienst aufgenommen haben. Mit der Verkündigung der Glaubensfreiheit (1685)
und im Zuge der Gegenreformation nahm die Zahl der Katholiken wieder zu und es
kam 1689 zur Einführung des Simultaneums in Dörrebach und Seibersbach, d.h.
beide Konfessionen wurden gleichberechtigt, in den vorhandenen Kirchen ihre Got-
tesdienste zu halten. Durch diese Einrichtung wurde aber auch der Grundstein ge-
legt für konfessionelle Streitigkeiten, die bis zur letzten Jahrhundertwende anhiel-
ten und im wesentlichen erst mit dem Bau neuer Kirchen in Dörrebachh-und Seibers-
bach und der Auflösung des Simultaneums ihr Ende fanden. Diese Zwietracht
scheint jedoch nicht ohne Ausnahme bestanden zu haben. So besagt ein.%amtliches
Protokoll aus der Zeit um 1800, die Pfarrer der beiden Konfessionen seien dem
Trunke ergeben und „tränken zusammen, bis siJauf der Erde lägen:‘.!
Der 30jähr1ge Krieg (1618-1648) .girig auch an unseren Dörfern nicht spurlos vor-
über. Allerlei Kriegsvolk zog durch die Lande und beutete die wehrlosen Einwohner
aus. -Kaiserlichen und Spaniern folgten Schweden, wieder Kaiserliche, Weima –
raner und Spanier. Hauptsächlich die Spanier machten unseren Einwohnern zu
schaffen.
25 Jahre nach dem 30;ährigen Krieg kamen brandenburgische Truppen des Großen
Kurfürsten ins Dorf, die mit den Holländern gegen die Franzosen kämpften. Im
Verlauf dieser Auseinandersetzungen verwüsteten die Franzosen die Kali und blie-
ben auch auf dem Hunsrück bis 1675. In den Revolutionskriegen 1793-1796 kamen
wieder die Franzosen ins Land. Sie erhielten im Frieden zu Basel 1795 das links-
rheinische Gebiet. Diese Franzosenherrschaft hatte für unsere Heimat auch bemer-
kenswerte positive Folgen, z.B. die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Einrichtung
der Amtsbürgermeistereien Standesämter und Katasterämter. Seibersbach kam zur
Maine (Amtsbürgermeisterei) Stromberg. Nach den Befreiungskriegen 1813-1815
mußte Frankreich das Rheinland an Preußen abtreten (Rheinprovinz). Diese Wende
leitete zur neueren Geschichte über.
Aus Syfersbach war längst Seibersbach geworden.
Das heutige Wappen von Seibersbach erinnert an diese Vergangenheit. Es zeigt im
oberen Teil das Wappen der Wolf von Sponheirn und im Schildfuß das der Grafen
von Ingelheim.
(Hauptsächliche Quelle: Pfarrer Dünhof, Geschichte Seibersbach-Dörrebach)
Als in Seibersbach noch nach Erz gegraben wurde
Ein Blick in die Chronik von Seibersbach genügt, um zu erfahren, daß schon im
Dreißigjährigen Krieg in der Nähe des Füllenbacher Hofes nach Erz gegraben wurde.
Junker Conrad Carsilius aus dem Geschlecht der Wolf von Sponheim., der Herren
von Seibersbach, wandte sich im Mai 1628 an den Erzbischof von Mainz mit der
Bitte, dem Unwesen der „Hüttenleute“ ein Ende zu bereiten. Diese Hüttenleute
seien mit den spanischen und französischen Truppen ins Land gekommen ,und
grüben auf dem „Füllenbach-Flecken“ nach Erz. Dabei verdürben sie den armen
Leuten die Äcker, bauten unterirdische Schächte und schlügen zu diesem Zweck
unbefugt das Holz im Wald. Nach 1700 wird erwähnt, daß Erz aus dieser Fundstelle
in die Hütten im Guldenbachtal verarbeitet wurden. Dann wurde es still um die
Erze von Seibersbach.
Erst um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts nahm die Firma Gebrüder Wandes-
leben die Förderung von Brauneisenstein, Manganerz und Phosphor wieder auf. An-
fangs wurde das Erz im Tagebau gewonnen. Vorwiegend Seibersbacher und Dörre-
bacher waren dort beschäftigt. Später ging man dazu über, das mariganhaltige Erz
in Stollen zu fördern. Ein für die heutigen Verhältnisse unvorstellbarer großer
Pferdefuhrpark brachte die gewonnenen Steine zur Stromberger Neuhütte, wo sie
in der Wäscherei genäßt, dann von Walzen zerkleinert und in Trommeln und Sieben
ihrer Größe nach sortiert wurden. Anschließend hat man in mühevoller Handarbeit
das Erz von dem übrigen Gestein getrennt. Der Braunstein ging meist an die Glas-
hütten und diente ebenso zum Entfärben der Glasmasse (daher auch Glasmacher-
seife) wie zum Blau- und Violettfärben des Glases. Das manganhaltige Erz wurde
an die Stahlindustrie weitergeleitet. Im Jahre 1889 wurden auf diese Weise 3265
Tonnen Erz gewonnen.
Nach der Jahrhundertwende übernahm die Zeche die Firma Dr. Geyer, Waldalges-
heim, unter deren Leitung ein intensiver Ausbau in Stollen erfolgte. Während an-
fangs nur 30 bis 40 Mann beschäftigt waren, fanden jetzt über 100 Personen dort
Arbeit.
Mit dem Bau der Hunsrückbahn und dem Aufschwung Ider Schwerindustrie in
Deutschland konnte die Zeche nicht mehr konkurrenzfähig bleiben und wurde 1910
stillgelegt.
Wegen des großen Stahlbedarfs im Ersten Weltkrieg wurde 1916 die Arbeit noch-
mals mit 60 Mann aufgenommen. Man arbeitete in drei Ausbaustollen von :fünfzehn,
dreißig und fünfzig Meter Tiefe und trieb diese bis zu vierhundert Meter vorwärts.
Mit -Schächten waren die einzelnen Stollen untereinander verbunden. Leitern stell-
ten die Verbindung her. Durch den damals neu erbauten Förderstollen brachte man
das Erz an die ebenfalls neu erbaute Gleisanlage im „Schloß-Grund“ und von dort
an die Verladestelle „Layenkaut“ an der Hunsrückbahn. Von hier aus führte der Weg
nicht mehr in die Waschanstalt Stromberger-Neuhütte, sondern direkt in die Röch-
lingwerke im Saargebiet. Die Pferdefuhrwerke wurden also zur damaligen Zeit von
der Schiene völlig verdrängt. Ein Förderturm war in der Zeche „Concordia“ nicht
in Betrieb.
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Die Abbauarbeiten wurden in zwei Schichten vorgenommen. Man arbeitete von
morgens sechs bis mittags zwei Uhr und von mittags zwei bis abends zehn Uhr. Eine
Nachtschicht, bestehend je nach Bedarf aus zwei bis vier Mann, sorgte für. die In-
standhaltung der Maschinen und Geräte und wurde außerdem zu Aufräumarbeiten
in den Stollen eingesetzt. Die Arbeitsweise war, gemessen an den heutigen Verhält-
nissen, recht primitiv. Während man in den drei Förderschächten schon mit Preß-
lufthämmern arbeitete, wurde der Abbau in den Seitenstollen in der Weise vorge-
nommen, daß man Löcher tiinfzehn bis zwanzig Zentimeter tiet bohrte urid sprengte.
Man arbeitete sich auf diese Weise aber nur langsam vorwärts.
1921 wurde dann die Grube endgültig stillgelegt. Heute findet man noch die Über-
reste von Stolleneingängen und Werksanlagen. Das Zechenhaus oberhalb des Füllen-
bacher Hofes, in dem Büro- und Mannschaftsräume untergebracht waren, wurde in-
zwischen durch ein Wohnhaus ersetzt.
Es sind nur fünfzig Jahre her, daß die Zeche Concordia stillgelegt worden ist. Bald
wird alles der Vergangenheit angehören, denn die Einbruchstellen wachsen zu und
werden von Hecken überwuchert. An der Stelle,wo die Gleisanlagen waren, entstand
ein künstlicher See, der von der Firma Gebrüder Wandesleben zur Klärung des
Schmutzwassers angelegt -wurde, im Volksmund „Schlammweiher“ genannt.
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